Israels Küsten sind reich an archäologischen Fundstätten. Vor Qeisarjah, dem Caesarea Maritima der Antike, entdeckten Unterwasser-Archäologen kürzlich ein römisches Schiffswrack. Allein das ist bereits eine Sensation. Noch mehr das, was sie an Bord fanden: einen goldenen Ring mit dem frühchristlichen Symbol des guten Hirten.
Die Ladung des Schiffs und die zerstörten Überreste seines hölzernen Rumpfs wurden im flachen Wasser in einer Tiefe von nur etwa vier Metern verstreut auf dem Meeresboden gefunden. „Die Funde enthüllen die Geschichte eines Schiffs, das vor etwa 1700 Jahren bei dem Versuch, während eines Sturms in den Hafen zu manövrieren, mit seiner gesamten Crew unterging“, sagte ein Sprecher der israelischen Altertümerbehörde.
Eine Adlerfigur aus Bronze
Die Funde umfassen Hunderte von römischen Silber- und Bronzemünzen aus der Mitte des dritten Jahrhunderts, dazu eine Bronzefigur in Form eines Adlers, die die römische Herrschaft symbolisierte, sowie zahlreiche Bronzeglocken. „Wir waren überrascht von dieser Menge an Glocken“, sagte der Archäologe Jacob Sharvit. Möglicherweise sollten sie böse Geister vertreiben. Es könnte aber auch sein, dass die Matrosen sie nachts zum Fischen an den Netzen angebracht haben. Oder sie waren Teil der Ladung und somit Handelsware.“
Zu dem Fund gehört eine Statuette, die eine Maske in Comic-Manier trug und wie eine Tänzerin geformt ist. Daneben fanden die Forscher weitere Figuren und Keramik. Auch Metallgegenstände, die einst zu dem Schiff gehörten, wurden am Meeresboden entdeckt – etwa Bronzenägel und Teile eines großen Eisenankers, der wahrscheinlich bei dem Sturm zerbrochen war.
Achteckiger Goldring
Als besonders wertvoll gelten Gegenstände, die dem Privatbesitz von Passagieren des Schiffs zugeschrieben werden. Die erstaunlichste Entdeckung darunter ist ein achteckiger Goldring, der mit einem grünen Edelstein besetzt ist. Auf dem Ring ist die Gestalt eines jungen Hirten eingraviert. Er ist mit einer Tunika bekleidet und trägt ein Schaf auf seinen Schultern.
Experten erkennen darin das Bild des „guten Hirten“. Es gilt als eines der frühesten und ältesten christlichen Symbole überhaupt und stellt Jesus als mitfühlenden Hirten der Menschheit dar, der sein Wohlwollen auf alle Menschen ausstrahlt. „Ich bin der gute Hirte“, heißt es in einem Vers beim Evangelisten Johannes. „Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe“ (Joh 10,11).
Caesarea war im dritten Jahrhundert Hauptstadt der römischen Provinz Palästina. Ihr Hafen war laut Helena Sokolov, Kuratorin bei der israelischen Altertümerbehörde, ein wichtiger Knotenpunkt für Roms Aktivitäten im Nahen Osten. Die Darstellung des guten Hirten sei eher selten auf einem Ring zu finden, sagt sie. Dass eine solche Darstellung im ethnisch und religiös heterogenen Caesarea des dritten Jahrhunderts vorkommt, bezeichnet Sokolov als plausibel.
Christentum wuchs in multikulturellen Städten
„Dies war eine Zeit, in der das Christentum noch am Anfang stand, aber definitiv wuchs und sich entwickelte, besonders in multikulturellen Städten“, erklärte die Kuratorin der Presse. Die Größe des Ringes deute darauf hin, dass er einer Frau gehört hat. „Während die Christen zu dieser Zeit ihren Glauben vielfach noch im Untergrund praktizierten“, erläuterte Sokolov, „verhielt sich das Römische Reich relativ tolerant gegenüber neuen Formen der religiösen Praxis einschließlich der Jesus-Verehrung. So ergibt es Sinn, dass eine wohlhabende Bürgerin des Reichs einen solchen Ring trug.“